Schifferstadter Tagblatt, 21.10.2021: Was macht eine Violinistin, die wegen Corona nicht auftreten darf? Sie schreibt ein Bilderbuch übers Auftreten, beziehungsweise über das allererste Konzert von Eichhörnchen und Igel. Und ebenfalls wegen Corona konnte Marie-Luise Dingler, die zusammen mit ihrem Bru- der Christoph das bekannte Violinduo „The Twiolins“ bildet, dieses bezaubernde Bilderbuch einige Zeit Kindern gar nicht vorlesen. Umso mehr freute sie sich über die Premieren-Lesung im Schifferstadter Haus des Kindes, bei der sie 40 junge Zuhörer im Turnraum der Kita von der Kraft der Musik überzeugte.
„Die Kinder sind ganz ruhig geworden und auch mich hat es unheimlich beruhigt“, schildert Kita-Leiterin Esther Knoche die Wirkung der ers- ten Lesung im Haus des Kindes seit der Ausbreitung des Corona-Virus. Zu normalen Zeiten finden hier solche Ver- anstaltungen regelmäßig statt, denn die Kita-Leitung und ihr Team sehen den Bereich Kunst für die Entwicklung der Kinder als sehr wichtig an. Umso mehr freut sich Knoche, dass endlich wieder eine Lesung für die 4- bis 6-jährigen Kita-Kinder stattfand. Anfang November soll bereits die nächste folgen.

Besonders rührig sind die beiden seit diesem Kita-Jahr neu eingesetzten pädagogi- schen Fachkräfte für Sprache, Jessica Mattern, und für Interkulturalität, Jessica Philipp. Neben der Organisation von Sprachförderangeboten wie der Lesung von Marie-Luise Dingler kümmern sich die beiden Fachkräfte auch im Kita-Alltag um ihre Schwer- punkte. „Wir arbeiten gruppenübergreifend und ziehen aus allen Gruppen Kinder heraus“, erläutert Jessica Mattern.

Bei ihrer Lesung gelang es der Musikerin und nun auch Autorin, die Kinder mit allen Sinnen anzusprechen. So schlüpfte sie mit ihrer Stimme in verschiedene Tonlagen, klang als Eichhörnchen hoch und keck, dagegen dunkel und bedächtig als Igel oder auch mal brummend-keifend als Motzbär.Visuell konnten die Kinder, zumindest in den vorderen Reihen, in die wunderschönen Illustrationen von Jessica Marquardt eintauchen, die die Autorin vor dem Umblättern stets ihrem Publikum zeigte. Ganz, ganz still im Turnraum wurde es immer dann, wenn Dingler zu ihrer Violine griff und so die Kraft der Musik besonders eindrucksvoll heraufbeschwor.

„Toll gemacht“, rief sogleich eine junge Zuhörerin nach dem ersten Musikstück. Na- türlich erklärte Dingler den Kita-Kindern auch so wichtige Begriffe wie Geige, Bogen oder Tonleiter. Da nicht alle Kinder bereits wussten, was eine Tonleiter ist, demons- trierte die Violinistin diese sehr anschaulich: „Eine Leiter kennt ihr ja – und so klingt das Auf und Ab auf der Violine.“ Bei ihrer Mitmach-Lesung bezog Dingler die Vorschul- kinder aktiv mit ein. Es wurde geklatscht, gequakt, gegrunzt und gefiept – zum Teil sogar alles gleichzeitig. So applau- dieren schließlich die Tiere in „Hurra, wir spielen ein Kon- zert“, als sie zum allerersten Mal ein Konzert hören. Und wie der Frosch im Bilderbuch als erster aufspringt und ruft „Das ist ja wunderschön! Bravo!“, so klatschten auch die 40 Zuhörer aus dem Haus des Kindes begeistert, als die Lesung geendet und der letzte Ton der Violine verklungen war.

Aber schon am Tag danach wollen sich die Vier- bis Sechsjährigen mit ErzieherinJessica Fassott an das Schöne erinnern und zusammen die Ausmalbilder zum Buch malen. „Ich war überrascht, wie aufmerksam die Kinder sind“, staunte Marie-Luise Dingler, die gemeinsam mit ihrem Bruder Konzerte in aller Welt spielt, über die hohe Aufnahmekapazität der Schifferstadter Vorschulkinder. Stolze 35 Minuten saßen diese ruhig und gespannt im Turnraum – als wären sie jeden Tag bei einer solchen Veranstaltung. Dass es zu dieser Veranstaltung überhaupt kam, war auch Günther Neudeck, Sicherheitsberater für Senioren (SfS) der Stadt Schifferstadt, zu verdanken. Als Klassikliebhaber verfolgt er die Karriere der „Twiolins“ schon länger und stellte den Kontakt zwischen Dingler und dem Haus des Kindes her. Ihm ist auch zu verdanken, dass die weltbekannte Violinistin nun stolze Besitzerin eines Dubbeglases mit Aufdruck des Goldenen Huts von Schifferstadt ist.

Von Iris Buchenau

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