Das Violinduo The Twiolins beweist im Haller Gymnasium bei St. Michael Improvisationstalent. Knapp 400 Jugendliche sind begeistert.

Haller Tageblatt, 9.2.2023: Das Jugendkonzert, zu dem der Verein Kammerkonzerte Schwäbisch Hall am Dienstagvormittag in die Aula des Gymnasiums bei St. Michael (GSM) geladen hatte, begann mit einer schlechten Nachricht: Robert Wolf, alias „Robeat“, musste seine Beteiligung aus gesundheitlichen Gründen kurzfristig absagen. Er sollte Marie-Luise und Christoph Dingler als Human Beatbox begleiten. Dies stellte das Duo vor die Herausforderung, 400 Jugendlichen aus verschiedenen Schulen nun allein mit zwei Geigen ein spontanes Alternativprogramm bieten zu müssen. Denn die Schülerinnen und Schüler hatten sich auf eine von ihren Musikpädagogen als cool bis spektakulär angepriesene Crossover-Performance gefreut.

Doch die Twiolins füllten kurzerhand die Lücke mit einer spannenden Kombination aus selbstironischem Konzert-Knigge, musikalischer Analyse und in erster Linie mit brillant vorgetragener Musik. Dabei drehte sich die erste Hälfte des Konzerts ganz um Vivaldis „Vier Jahreszeiten“, die gekürzt und in einer eigenen Bearbeitung aus der Feder Christoph Dinglers erklangen. Geschickt arrangiert und spannend interpretiert, ließ das Werk auch so klein besetzt das Orchester nicht vermissen.

Wesentliches herausgegriffen

Marie-Luise und Christoph Dingler führten nicht nur vor Ohren, dass sie ihre Instrumente vollendet beherrschen und ein brillant aufeinander eingespieltes Team sind. Sie boten zudem eine anschauliche Analyse des Werks, indem sie wesentliche Elemente vorab herausgegriffen, angespielt und so Kompositions- und Geigenspieltechnik verständlich erklärt haben. Und einer der eingangs präsentierten „Regeln für den gebildeten Klassikhörer“ folgend, zeigte das junge Konzertpublikum dezent vernehmlich („Aha!“), dass es die „Gewitterstelle“, den träumenden Hirten und den kläffenden Hund später denn auch im Werkkontext wiedererkannt hat.

Country-Nummer als Zugabe

Im zweiten Teil wurde deutlich, was die Selbstbezeichnung der Geschwister Dingler als „Pioniere der neuen Strömung ‚progressive classical music‘“ bedeutet: Sie spielten sechs eigens für sie komponierte Stücke von der pathetischen Cantilene über rockigen Achtelrepetitionen („Metamorphosis“) und eine Klangreise durch die Karpaten und indische Ragaklänge bis hin zur Zirkusnummer „Jongleurs“. Durchaus avantgardistisch, dabei jedoch nie verkopft, sondern mitreißend und berührend, begeisterten die Werke die Zuhörer, die sich am Ende mit „Applaus Stufe 5“ noch eine launige Country-Nummer zum Mitmachen als Zugabe erklatschten.

Der gastgebende Schulleiter Frank Nagel zeigte sich angetan von der musikalischen wie pädagogischen Leistung des Duos. Er bedankte sich bei Akteuren, Organisatoren und Schülerpublikum für den wichtigen Beitrag zur kulturellen Bildung, den die gelungene „Musikstunde der besonderen Art“ geleistet habe.

Von Annika Völk

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